Wie Blockchain die humanitäre Hilfe verändert

Jonas Gantenbein
Blogbeiträge
Geldtransfers aufs Smartphone, Kryptospenden und Echtzeit-Tracking von Hilfsgütern: Die Art und Weise, wie humanitäre Hilfe Bedürftige erreicht, wandelt sich fundamental. Möglich macht das Blockchain-Technologie, die Fortschritt schafft, indem sie Verwaltungskosten senkt oder die Transparenz erhöht.

Der Blockchain-Markt für Non-Profit-Unternehmen wächst, wie ein Bericht von «Verified Market Research» zeigt. Allein bis zum Jahr 2031 soll der Markt 5,4 Milliarden USD umfassen – bei einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von rund 50 Prozent. Das zeigt, wie hoch die Akzeptanz von Kryptospenden inzwischen ist. Durch die Integration von Zahlungssystemen und Informationsnetzen erreichen Spenden auch Gebiete mit begrenzter Infrastruktur. Angewandt auf die humanitäre Hilfe geht das Potenzial der Blockchain-Technologie für gemeinnützige Organisationen aber weit über Geldtransfers hinaus, wie erste Beispiele zeigen.

Technologie, die humanitäre Hilfe verändert

Ein Beispiel ist die Plattform «Building Blocks». Das Welternährungsprogramm (WFP) hat sie entwickelt, um Bargeldtransfers in der Flüchtlingsarbeit effizienter und sicherer zu gestalten. Sie unterstützt monatlich über vier Millionen Begünstigte – darunter mehr als eine Million Flüchtlinge in Jordanien und Bangladesch. In 25 Millionen Transaktionen hat sie USD 555 Millionen abgewickelt und 3,5 Millionen USD an Bankgebühren eingespart. WFP nutzt die Blockchain-Technologie in der biometrischen Verifikation und hat so die Verteilung von Hilfsgeldern revolutioniert: Flüchtlinge erhalten nun schnellen und sicheren Zugang zu finanzieller Hilfe – ohne komplexe Identifikationsverfahren oder Währungswechsel. Dieses System reduziert nicht nur den Verwaltungsaufwand, sondern stärkt auch die Autonomie der Bedürftigen, indem es ihnen direkte Kontrolle über ihre finanziellen Leistungen ermöglicht.

Auch die UNHCR-Stellar-Partnerschaft verändert den Zugang zu Finanzhilfe: Mit «Stellar Aid Assist» erhalten Flüchtlinge, die von Konflikten wie dem Krieg in der Ukraine betroffen sind, digitales Geld in Form von USD Coins (USDC) – einem an den US-Dollar gekoppelten Stablecoin – direkt auf ihr Smartphone. Dieses System ermöglicht es den Empfängerinnen und Empfängern, ihre digitalen Gelder an jedem beliebigen MoneyGram-Standort in die jeweilige Landeswährung umzutauschen.

Wie Blockchain die Transparenz und Effizienz erhöht

Ein Vorreiter in der Kryptowährungsphilanthropie war die Organisation «Save the Children». Als erste internationale NGO akzeptierte sie bereits 2013 im Rahmen ihrer #HODLHope-Initiative Bitcoinspenden. Heute nimmt sie dank der Partnerschaft mit «The Giving Block» Spenden in über 50 Kryptowährungen – darunter Bitcoin, Ethereum und USDC – sicher entgegen. Bis März 2024 hat sie auf diesem Weg nahezu 8 Millionen USD gesammelt und Hilfsprojekte in 116 Ländern mitfinanziert.

Diese Integration von Kryptowährungen in gemeinnützige Spendenkampagnen erweitert die Spenderpools und schafft neue Möglichkeiten für gemeinnützige Organisationen, sich mit technikaffinen und jüngeren Personengruppen auseinanderzusetzen. Angewandt auf die humanitäre Hilfe erhöht die Blockchain-Technologie nicht nur die Effizienz von Spendenzahlungen, sondern sie kann auch Governance-Modelle innerhalb gemeinnütziger Organisationen verändern, indem sie Entscheidungsprozesse dezentralisiert. So ermöglicht das unveränderliche Hauptbuch der Blockchain Spenderinnen und Spendern, Gelder transparent nachzuverfolgen und sicherzustellen, dass Mittel ohne Manipulation oder Betrug direkt ankommen. Es demokratisiert die Governance, erhöht die Transparenz und stärkt das Vertrauen zwischen Organisationen sowie ihren Unterstützerinnen und Unterstützern.

Hilfsgüterlieferungen in Echtzeit nachverfolgen

Blockchain mit anderen aufstrebenden Technologien zu verknüpfen, schafft weitere Möglichkeiten in der humanitären Hilfe. KI- und Machine-Learning-Algorithmen analysieren Blockchain-Daten, um den Hilfsbedarf vorherzusagen und die Ressourcenverteilung zu optimieren. Gleichzeitig ermöglichen integrierte IoT-Geräte die Echtzeitverfolgung von Hilfsgütern – vom Versand bis zur Ankunft. Dank der mobilen Technologie können sich Empfängerinnen und Empfänger verifizieren und den Erhalt über Apps bestätigen. So nutzt das Rote Kreuz die Blockchain-Technologie, um seine Supply-Chain-Logistik bei Katastropheneinsätzen zu optimieren. Damit lassen sich Transporte von medizinischen Hilfsgütern, Lebensmitteln und anderen knappen Ressourcen vom Ursprungs- bis zum Zielort präzise nachverfolgen. Das reduziert Engpässe und verbessert die grenzüberschreitende Koordination. Die Technologie ermöglicht manipulationssichere Aufzeichnungen entlang der gesamten Lieferkette und stellt sicher, dass Hilfsgüter dort ankommen, wo sie in Notfällen am dringendsten benötigt werden.

Auch der World Wildlife Fund (WWF) nutzt Blockchain zur Kontrolle des nachhaltigen Fischfangs. Über die Blockchain lässt sich der Weg des Fisches – vom Meer bis auf den Teller – genau nachverfolgen. Die Integration der Blockchain in Naturschutzbemühungen erhöht nicht nur die Transparenz, sondern stärkt auch die Rechenschaftspflicht beim Schutz empfindlicher Ökosysteme.

Regulierung als Basis für Vertrauen

Die regulatorischen Rahmenbedingungen berücksichtigen die Blockchain-Technologie zunehmend und gewährleisten eine angemessene Kontrolle. Die Verordnung (EU) 2023/1114 über Märkte für Kryptowerte (MiCA) as MiCA-Framework (Markets in Crypto-Assets Regulation) der Europäischen Union soll klare Vorgaben zu Krypto-Assets geben und die Compliance in allen Mitgliedsstaaten sicherstellen. Die Regulatorik zielt darauf ab, die Vorschriften in der EU zu vereinheitlichen, Innovationen zu fördern, die Verbraucherinnen und Verbraucher zu schützen sowie für Finanzstabilität zu sorgen.

Weltweit haben Organisationen wie die Financial Action Task Force (FATF) Richtlinien erlassen, um Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung im Bereich virtueller Vermögenswerte zu bekämpfen. Diese Richtlinien sind für die Integrität von Blockchain-basierten Systemen unerlässlich. Denn sie sind entscheidend für die sichere Nutzung sowie die Einhaltung internationaler Standards durch humanitäre und gemeinnützige Organisationen. Regulatorische Sandboxen ermöglichen Blockchain-Pilotprogramme in verschiedenen Rechtsordnungen und unter kontrollierten Bedingungen. Auf diese Weise lassen sich Innovationen fördern und potenzielle Risiken adressieren.

Kurzum: Mit der Weiterentwicklung der regulatorischen Rahmenbedingungen und dem wachsenden Fachwissen von Organisationen werden wir zunehmend innovative Blockchain-Anwendungen erleben. Für Menschen, die von diesen Programmen profitieren, bedeuten diese Fortschritte eine effizientere, würdevollere und reaktionsschnellere Unterstützung.

Jonas Gantenbein
Jonas Gantenbein