Vom Code zur Wirkung: Mit Blockchain zu mehr Transparenz und Effizienz

Jonas Gantenbein
Blogbeiträge

Der Duft von geschmolzenem Käse und Tomatensauce liegt in der Luft, als Laszlo Hanyecz in seine Pizza beisst. Es ist der 22. Mai 2010, und Laszlo hat soeben Geschichte geschrieben. Er hat 10’000 Bitcoin – damals etwa USD 41 wert – für zwei Pizzen bezahlt und damit die erste reale Transaktion mit Blockchain-Technologie getätigt. Was Laszlo damals nicht ahnen konnte: Sein Mittagessen würde eines Tages Millionen wert sein und als Meilenstein in der Entwicklung digitaler Transaktionen eingehen. 

Heute steht die Blockchain-Technologie kurz davor, zahlreiche Branchen umzugestalten. Dabei geht es längst nicht mehr nur um digitale Währungen. Vielmehr bietet die Technologie vielversprechende Lösungen, um Herausforderungen in den Bereichen Transparenz und Effizienz über sämtliche Sektoren hinweg zu lösen. 

Im Kern baut die Blockchain-Technologie auf drei grundlegenden Eigenschaften auf: Dezentralisierung, Transparenz und Unveränderbarkeit. Stellen Sie sich die Blockchain als digitales Hauptbuch vor, das auf Tausenden von Computern weltweit verteilt und gemeinsam genutzt wird. Ähnlich wie ein Notar wichtige Unterlagen prüft, beglaubigt und dokumentiert, verifiziert und protokolliert auch Blockchain digitale Transaktionen. Im Gegensatz zu einem traditionellen Notar ist die Blockchain rund um die Uhr für jeden zugänglich und ihre Integrität hängt nicht von einer einzelnen Person oder Institution ab. Das wirklich Bahnbrechende an der Blockchain ist ihre Struktur: Jeder neue Eintrag oder «Block» ist mit allen vorherigen verknüpft und bildet eine Kette, die kryptografisch gesichert ist. Dadurch sind rückwirkende Änderungen praktisch unmöglich. Neue Transaktionen werden über das gesamte Netzwerk übertragen, von mehreren Computern (sogenannten Knoten) validiert und der Kette hinzugefügt. Das Ergebnis ist ein transparentes, sicheres System, mit dem Werte online übertragen werden können, ohne dass Mittelspersonen notwendig sind.

Bitcoin führte die Blockchain einst als Mittel für Peer-to-Peer-Finanztransaktionen ein. Das Potenzial der Technologie reicht jedoch weit über Kryptowährungen hinaus. Ein entscheidender Durchbruch gelang mit der Einführung von Smart Contracts durch Ethereum – selbstausführende Vereinbarungen, deren Bedingungen direkt in Code geschrieben sind. Diese Innovation erweiterte die Möglichkeiten der Blockchain und ebnete den Weg für eine Vielzahl dezentraler Lösungen. Dazu zählen zensurresistente Anwendungen, autonome Organisationen mit von Code durchgesetzter Governance, transparentes Lieferketten-Management und effiziente grenzüberschreitende Transaktionen. Diese Veränderungen haben dazu geführt, dass wir in verschiedenen Sektoren ganz anders mit Vertrauen, Automatisierung und Zusammenarbeit umgehen.

Blockchain zwischen Innovation und Vorurteil

Die Blockchain-Technologie hält zunehmend in verschiedensten Branchen Einzug, was naturgemäss auch Fragen aufwirft. Insbesondere gibt es Bedenken hinsichtlich der Umweltbelastung der Technologie, die grösstenteils auf die energieintensiven Prozesse früherer Blockchain-Netzwerke zurückzuführen sind. Es ist jedoch wichtig zu unterstreichen, dass viele Blockchain-Systeme überschüssige Energie nutzen, die sonst ungenutzt bliebe. Darüber hinaus hat sich die Technologie weiterentwickelt. Heute beruhen viele moderne Blockchain-Systeme auf energieeffizienteren Methoden. So konnte der Energieverbrauch von Ethereum durch die Umstellung auf einen neuen Konsensmechanismus um 99,9 % reduziert werden – ein eindrucksvoller Beweis für die Fähigkeit der Technologie, nachhaltige Innovationen voranzutreiben.

Ein weiterer Irrtum besteht darin, die Blockchain-Technologie als blossen vorübergehenden Trend abzutun. Kritiker behaupten, ihre Anwendungsmöglichkeiten seien begrenzt und traditionelle Systeme könnten die gleichen Aufgaben übernehmen. Doch der zunehmende Einsatz der Blockchain-Technologie in allen Branchen – vom Finanz- über das Gesundheitswesen bis hin zu Behörden – beweist das Gegenteil. Weltweit investieren Grosskonzerne und Regierungen massiv in Blockchain-Forschung und deren Umsetzung, was darauf hindeutet, dass sie langfristige Pläne für die Technologie verfolgen.

Manche halten die Blockchain für riskant oder unzuverlässig. Zwar befindet sich die Technologie noch in der Weiterentwicklung, und einige Krypto-Börsen hatten mit Sicherheitsproblemen zu kämpfen. Doch diese Bedenken basieren häufig auf falschen Annahmen über die Blockchain-Technologie. Im Kern ist sie dank ihrer dezentralen und kryptografischen Natur sicher. Die meisten Sicherheitslücken treten auf der Anwendungsebene auf oder sind auf menschliche Fehler zurückzuführen.

Eine weitere weit verbreitete Fehleinschätzung ist, dass die Blockchain zu komplex für den allgemeinen Gebrauch sei. Zwar ist die Technologie durchaus anspruchsvoll, doch die Nutzung Blockchain-basierter Systeme kann genauso einfach sein wie bei jeder anderen digitalen Plattform. Wer eine E-Mail sendet, muss schliesslich auch keine E-Mail-Protokolle verstehen. Genauso wenig müssen Nutzerinnen und Nutzer die technischen Details der Blockchain kennen, um von ihren Anwendungen zu profitieren. Mit der Weiterentwicklung der Technologie wird die Blockchain durch benutzerfreundliche Schnittstellen immer zugänglicher - selbst für diejenigen, die neuen Technologien skeptisch gegenüberstehen.

Blockchain verändert den Non-Profit-Sektor

Die Blockchain-Technologie markiert einen Paradigmenwechsel in unserem Verständnis von Vertrauen, Zusammenarbeit und Macht im digitalen Zeitalter. Sie bietet eine Alternative zu unserer jahrzehntelangen Abhängigkeit von zentralisierten Institutionen für Transaktionen und dem Halten von Daten. Dieser Wandel hin zur Dezentralisierung hat tiefgreifende Auswirkungen. Stellen Sie sich eine Welt vor, in der Einzelpersonen das Eigentum und die volle Kontrolle über ihre persönlichen Daten behalten, statt diese Big Tech zu überlassen. Oder denken Sie darüber nach, wie Blockchain eingesetzt werden könnte, um Wahlsysteme transparenter und manipulationssicherer zu machen. 

Dabei handelt es sich nicht nur um eine rein technische Entwicklung, sondern um eine Neuinterpretation gesellschaftlicher Funktionen. Allerdings befinden wir uns noch in den Anfängen. Bestehende Machtverhältnisse und gesetzliche Rahmenbedingungen, die für eine zentralisierte Welt konzipiert wurden, müssen grundlegend überarbeitet werden. Das Ausmass dieses Wandels verlangt beträchtliche Ressourcen und die Bereitschaft, neue Paradigmen zu akzeptieren, und fordert uns heraus, uns eine dezentralere Zukunft auszumalen.

Die Blockchain eröffnet Non-Profit-Organisationen ein transformatives Potenzial, das Lösungen für die besonderen Herausforderungen des Sektors verspricht. Stellen Sie sich vor, eine Spenderin in New York will eine Bildungsinitiative im ländlichen Indien unterstützen. Derzeit ist dieser Prozess häufig undurchsichtig und vollkommen ineffizient. Mehrere Intermediäre wollen mitverdienen und sichern sich ihren Anteil, Wechselkursverluste mindern den Wert der Spende, und bis das Geld beim Empfänger ankommt, ist ein erheblicher Teil verloren. 

Die Blockchain bietet hier eine Lösung: nahezu sofortige und kostengünstige Überweisungen, die in Echtzeit vom Spender zum Empfänger verfolgt werden können. So bleibt nicht nur ein grösserer Teil der Spende erhalten, sondern es entsteht auch eine unveränderliche Aufzeichnung davon, wie die Mittel verwendet werden. Eine solche Transparenz könnte den Wirkungsnachweis nachhaltig umgestalten und eine genauere und zeitnahe Messung der Ergebnisse ermöglichen.

Durch die Blockchain-Technologie werden direkte Peer-to-Peer-Transaktionen ermöglicht, was insbesondere in Krisensituationen die Hilfeleistung deutlich beschleunigen und vereinfachen könnte. Dabei wird sichergestellt, dass die Ressourcen grösstenteils dort ankommen, wo sie gebraucht werden. Stellen Sie sich eine Welt vor, in der Hilfeleistungen effizienter erfolgen, ihre Wirkung genauer messbar ist und die Kraft des kollektiven Handelns effektiver genutzt wird.

Die Blockchain markiert den Beginn einer technologischen Wende, die das Potenzial hat, Verantwortung und Effizienz im Non-Profit-Sektor und darüber hinaus grundlegend zu verändern. Obwohl der Weg vor uns komplex ist, bietet die Blockchain innovativen und mutigen Organisationen ein leistungsstarkes Instrument, um ihre Wirkung zu verstärken und positive Veränderungen in einer zunehmend vernetzten Welt erzielen können. 

Eines scheint klar: Organisationen, die sich anpassen und Innovationsbereitschaft zeigen, werden am besten positioniert sein, um in einer sich schnell verändernden Welt nachhaltige Wirkung zu erzielen. Die Blockchain-Technologie, beflügelt von Laszlos legendenumwobenen Pizzakauf, könnte der Schlüssel zu einer neuen Ära von Vertrauen und Transparenz im Non-Profit-Sektor sein.

Jonas Gantenbein
Jonas Gantenbein
Head of Digital Assets bei Bank Frick