«Der Umgang mit Krypto-Assets birgt sehr weitreichende und spezifische Risiken»
Bitcoin & Co. setzen seit einigen Monaten zu immer neuen Höhenflügen an, doch sind Direktinvestitionen in Coins nicht mehr der einzige Weg, um an Kryptowährungen zu partizipieren. Im Interview erläutert Raphael Haldner, Head of Fund and Capital Markets der Blockchain-Pionierin Bank Frick, die aktuellen Kryptoprodukte für Privatanleger und erklärt, worauf sie beim Kauf achten sollten.
Welche Voraussetzungen muss ich als Privatanleger erfüllen, um erfolgreich in Kryptoprodukte zu investieren?
Raphael Haldner: Wie bei allen Finanzanlagen ist es zunächst einmal wichtig zu verstehen, was die Anlageziele eines Kunden sind und ob eine entsprechende Investition in einem angemessenen Verhältnis zu seiner finanziellen Situation steht. Darüber hinaus spielen die Kenntnisse und Erfahrungen des Anlegers eine wichtige Rolle. Die eine richtige Anlage gibt es also nicht – und gerade die Begriffe «Krypto» und «Privatanleger» vertragen sich nur bedingt. Obwohl es mittlerweile durchaus solide Anlagelösungen gibt, die aus regulatorischer Sicht einwandfrei konzipiert sind, lässt sich nicht in Abrede stellen, dass dieser neue Markt eine hohe Volatilität und ganz spezifische Risiken aufweist. Für diejenigen Privatanleger, welche diese Vorgaben erfüllen, können ETPs eine interessante Möglichkeit sein, sich über bankfähige und fortlaufend handelbare Wertpapiere am Kryptomarkt zu beteiligen. Hierbei handelt es sich um börsengehandelte Schuldverschreibung, die in einzelne oder mehrere Basiswerte wie Krypto-Assets investieren.
Bieten sich Blockchain-affinen Privatanlegern auch Alternativen zu Krypto-ETPs?
Neben ETPs sind UCITS-Fonds speziell für Kleinanleger konzipiert – beispielsweise der «Blockchain Fund» der Alternativ Invest AG, der im Dezember 2017 gegründet wurde und aufgrund seiner rechtlichen Ausgestaltung auch Kleinanlegern offensteht. Das sind dann zwar indirekte Investitionen in Krypto-Assets oder börsengelistete Unternehmen mit Blockchain-Bezug, allerdings sind diese Anlagen von Gesetzes wegen breit diversifiziert und unterliegen somit in der Regel geringeren Wertschwankungen. Der AIternative Investment Fund (AIF), das wohl derzeit noch geläufigste Gewand von Krypto-Finanzprodukten, ist grundsätzlich für professionelle Anleger konzipiert. Hier gibt es in einzelnen Fällen ganz spezifische Regelungen auf Ebene der einzelnen Mitgliedsstaaten der EU bzw. dem EWR, in welchen diese zum Vertrieb zugelassen sind. Im Einzelfall kann der Vertrieb an Anleger mit einem höheren Schutzniveau als dem des professionellen Anlegers erfolgen – dies erfordert jedoch eine explizite Bewilligung der entsprechenden Aufsichtsbehörde und bildet eher die Ausnahme.
Worauf sollten Privatanleger beim Kauf achten?
Wie gesagt, die eine «richtige» Anlage gibt es nicht, denn diese hängt stark vom jeweiligen Risikoprofil und Anlageziel ab. Grundsätzlich sollten sich einzelne Investments gut in ein diversifiziertes Portfolio einfügen und den Anleger dabei unterstützen, sein Anlageziel zu erreichen. Gerade weil der Umgang mit Krypto-Assets sehr weitreichende und spezifische Risiken birgt, ist es diesbezüglich besonders ratsam, darauf zu achten, dass der Produkthersteller und dessen Funktionäre reguliert und angemessen organisiert sind. So kann sich der Anleger darauf verlassen, dass sowohl der Handel als auch die Verwahrung der Basiswerte in solider Art und Weise abgewickelt werden. Ein weiteres wesentliches Kriterium ist die Handelbarkeit – also wann und wie schnell ein Produkt im Bedarfsfall wieder veräussert werden kann. Während ETPs in der Regel fortlaufend an geregelten Märkten gehandelt werden, bieten UCITS-Fonds ein tägliches Ein- und Ausstiegsfenster. Bei AIFs wiederum gibt es keine festen Vorgaben – alles zwischen täglich und einmal jährlich wäre grundsätzlich zulässig. Umso wichtiger ist es in diesem Fall, die konstituierenden Dokumente vor einer Anlage ausführlich zu lesen.
Das heisst, der Teufel steckt wie immer im Detail?
Ja, denn obwohl sich Zertifikate und Fonds aus Sicht des Anlegers «gleich anfühlen», gibt es in Bezug auf ihre rechtliche Ausgestaltung und die Position des Anlegers wesentliche Unterschiede. Während Fondsanteile als Sondervermögen behandelt und im Konkursfall klar ausgesondert werden, erwirbt der Käufer im Falle eines Zertifikats eine (Teil-)Schuldverschreibung der Emittentin und wird so zum Gläubiger. Nicht zuletzt müssen natürlich auch die Produktkosten genau analysiert werden. Hierbei muss jedoch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass ein sicherer Umgang mit Krypto-Assets durchaus gewisse Kosten verursacht und sich nicht in die etablierten Prozesse klassischer Wertschriftentransaktionen eingliedern lässt – somit kann «zu günstig» genau so kritisch sein wie «zu teuer». Eine gute Beratung eines Anlageberaters mit einer Affinität zur Blockchain-Technologie ist an dieser Stelle jedenfalls sehr wertvoll und ratsam. Unabhängig von der Art der Anlage sind Kryptoassets nach wie vor äusserst volatil. Ein Totalverlust ist daher nie ausgeschlossen und muss von einem Anleger als mögliches Szenario in Betracht gezogen werden.
Vor welchen Herausforderungen stehen private Anleger aktuell noch?
Hierzu muss man ein wenig ausholen. Finanzinstrumente und Anbieter wie Banken und Wertpapierfirmen, welche damit zusammenhängende Dienstleistungen offerieren, unterliegen strikten regulatorischen Vorgaben. Diese gelten unabhängig davon, um welche Art von Produkt oder Basiswert es sich handelt und dienen in erster Linie dem Anleger- und Systemschutz. Gerade aus dieser Perspektive ist es nicht immer ganz einfach, die Brücke zwischen beiden Welten zu bauen. Das bedeutet, dass einem interessierten Anleger im Zweifelsfall der Erwerb eines entsprechenden Produkts erschwert oder sogar ganz verwehrt wird. Dass das situativ dazu führen kann, dass ein Anleger seine Investition abseits von regulierten Wertpapierdienstleistern tätigt, ist in solchen Fällen wahrscheinlich, wenn auch nicht immer zweckdienlich und in jedem Fall mit höheren Risiken verbunden. Es ist daher keine Überraschung, dass die jüngsten Regulierungsvorstösse vorsehen, dass Dienstleister im Kryptobereich grundsätzlich unter Aufsicht gestellt und gewisse Krypto-Assets als Finanzinstrumente klassifiziert werden sollen.
Sollten sich Privatanleger vor dem Kauf von Kryptoprodukten dementsprechend beraten lassen?
Sofern ein Privatanleger interessiert ist, in Krypto-Anlagen zu investieren, macht es auf jeden Fall Sinn, das Gespräch mit dem Kundenberater zu suchen und gemeinsam nach der richtigen Lösung Ausschau zu halten. Die Anzahl an Banken und anderer Finanzintermediäre, die sich im Bereich Krypto mittlerweile eine gute Expertise und ein breites Dienstleistungsangebot aufgebaut haben, wird weiter ansteigen.
Welche weiteren Vorteile ergeben sich für Kunden, wenn Banken zunehmend in diese neue Produktkategorie einsteigen?
Wie über andere Anlagethemen gibt es auch in Bezug auf die Blockchain-Technologie sowie Krypto-Assets verschiedene Meinungen, was eine aktuelle oder zukünftige Bewertung der solchen betrifft. Wenn man sich letztlich für eine Investition entscheidet, ist es aber auf alle Fälle hilfreich, bei der Abwicklung auf einen institutionellen Partner setzen zu können. Gerade im Zusammenhang mit dem Settlement, also der Lieferung von Krypto-Assets und damit zusammenhängenden Transfers von Barwerten, sowie der Verwahrung dieser Digitalmünzen, ist höchste Sorgfalt gefordert. Banken sind seit jeher für eine sichere Transaktionsabwicklung und Wertaufbewahrung zuständig – und genau hieraus kann sich ein Mehrwert ergeben.
Was bietet eine Bank neben der sicheren Verwahrung von Krypto-Assets?
Die sichere Verwahrung von Krypto-Assets ist nur ein Aspekt, denn Banken übernehmen darüber hinaus das Dokumenten-Management, zum Beispiel von Steuerunterlagen, und besitzen – anders als viele neue Anbieter – auch einen persönlichen Ansprechpartner. Für Privatanleger bleibt die Hausbank ein wesentlicher Ansprechpartner, wenn es um Finanzfragen geht. Schlussendlich sind wir damit beim Thema Convenience, das für Privatanleger im Mittelpunkt stehen muss. Und eben nicht die Sorgen und Risiken, die naturgemäss mit neuen Technologien im Gleichschritt gehen.
Kryptoprodukte sind für die meisten Banken Neuland. Was waren für Sie wichtige Learnings in der Produktentwicklung?
Wir haben bereits 2017 die ersten Konzepte für Krypto-basierte Finanzprodukte geprüft und entwickelt, so konnten wir mit unserem Cryptocurrency Basket Tracker noch im selben Jahr ein Krypto-Zertifikat für professionelle Investoren lancieren. Was wir seither beobachten, ist, dass die steigende Nachfrage nach Krypto-Assets schon lange nicht mehr von Tech-Nerds, sondern aus der Mitte der Gesellschaft kommt. Das sind vor allem Menschen, die Convenience und einfache Prozesse in gewohntem Umfeld schätzen. Dieses Bedürfnis haben wir früh verstanden und die Brücke zwischen klassischem und Blockchain Banking geschlagen – sowohl im Bereich Usability als auch beim Anlegerschutz.
Was bedeutet das konkret für Bank Frick?
Es bedeutet, dass wir intern erfolgreich Prozesse entwickelt haben, welche die spezifischen Risiken im Handel und bei der sicheren Verwahrung von Krypto-Assets deutlich reduzieren. Ebenso haben wir über alle Abteilungen hinweg eine Blockchain-Expertise aufgebaut – von der Beratung über Compliance bis ins Marketing. Blockchain Banking betreiben wir im regulierten Rahmen und tragen dementsprechend eine enorme Verantwortung für unsere Kunden – somit ist auch die Partnerwahl für uns entscheidend. Arbeiten wir beispielsweise mit einer Kryptobörse zusammen, kann der Kunde sicher sein, dass wir diese überprüft und ihm ein hohes Mass an Sicherheit geben können. Hier fungieren wir als Bank quasi als Gatekeeper für unsere Kunden.
Die regulatorisch-konforme Entwicklung von Kryptoprodukten steht bei Banken an erster Stelle. Sehen Sie hier Potenzial?
Es ist absehbar, dass Krypto-Assets zukünftig als Finanzinstrumente klassifiziert werden und somit von den einschlägigen Direktiven und Verordnungen umfasst sind, die wir aus dem Wertpapierbereich kennen. Dies bedeutet eine weitere massgebliche Verbesserung in den Bereichen Transparenz und Anlegerschutz. Zudem haben liquide Coins wie Bitcoin das Potential, als «eligible assets» im Sinne der UCITSD-Richtlinie eingestuft zu werden, was neue Möglichkeiten im Bereich der Produktkonzipierung für Privatanleger eröffnen würde. Hier sehen wir natürlich enormes Potenzial und einen weiteren Meilenstein in der Akzeptanz und Durchdringung von Kryptoprodukten.
Trotz ihrer Zunahme ist die Zahl der handelbaren Kryptoprodukte weiter überschaubar. Woran liegt das?
Die Blockchain-Industrie ist noch sehr jung und wir sehen noch immer grosse Unterschiede aufseiten der Infrastrukturbetreiber wie Kryptobörsen in Bezug auf Sicherheit, Compliance oder Processing. Bei der Partnerwahl sehen wir uns wie gesagt als Gatekeeper. Unsere Anforderungen sind dabei das eine – hinzukommt, dass solche Dienstleister meist eine ganz andere Sprache sprechen oder Kultur verkörpern. Da muss man sich dann erstmal finden.
In der Vergangenheit hat sich Liechtenstein verstärkt als kryptofreundlich positioniert. Welche Vorteile bietet das Land den ansässigen Blockchain-Unternehmen?
Liechtenstein hat als Finanzplatz eine lange Tradition und ist stark innovationsgetrieben. Unsere Regierung war von Beginn sehr aufgeschlossen gegenüber diesem neuen Industriezweig und hat ihn unterstützt – das macht sich heute natürlich bemerkbar. Als erstes Land hat Liechtenstein 2019 mit dem Blockchaingesetz (TVTG) umfassende regulatorische Rahmenbedingungen erlassen. Diese schaffen für die Blockchain-Industrie – und damit auch für deren Kunden – Rechtssicherheit und Vertrauen. Für ein geordnetes Marktwachstum ist es aus unserer Sicht elementar, dass weitere regulierte Infrastrukturbetreiber und Servicedienstleister in den Markt eintreten und somit die Eintrittsbarrieren für Anleger senken. Genau in diesem Bereich sehen wir in Liechtenstein einen attraktiven Standort. Zudem verfügt die lokale Finanzmarktaufsicht über eine starke Expertise in den Bereichen Blockchain und Krypto-Assets. Dies ist gerade für Produktentwickler ein zentraler Aspekt, zumal der Austausch auf der Detailebene erfolgt und eine hohe Agilität gewährleistet werden kann. Gepaart mit Liechtenstein’s EWR-Mitgliedschaft und dem Zugang zum europäischen Markt ergibt sich eine sehr interessante Kombination.
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